1. Der Audiocomputer Synclavier II, eine Kurzbeschreibung
Traditionell wird das erste Thema einen historischen Zusammenhang bieten: der legendäre Audiocomputer Synclavier II wurde Anfang der 80er Jahre für den damals ganz neuartigen FM-Klang berühmt! Allerdings war die Frequenzmodulation knappe 10 Jahre früher durch den ameriakischen Forscher John Chowning im CCRMA Stanford erfunden und patentiert worden (wir hörten das quadrofone Stück "Stria" von Chowning aus dem Jahre 1977; sein "Turenas" mit der ersten FM-Realisierung und dem ersten Algorithmus für bewegte Klänge stammt von 1972!).
Das Synclavier II ist ein Audiocomputer mit einem 16-Bit-Prozessor (damals höchstmodern), einem Arbeitsspeicher von max. 56 kB, zwei Ports für 51/4-Zoll-Floppydisks, einem Port für eine HD ("Winchesterdrive" von 10 MB!!), ein VT100-Grafikterminal, 16 bis 128 Generatorkarten (je nach finanziellen Möglichkeiten), dem Keyboard sowie einem breiten Spektrum von Software.
Die wichtigsten Softwarebestandteile kann man grob einteilen in: das Betriebssystem "XPL", eine spezielle XPL-Anwender-Library mit dem Namen "MAX", Utility-Programme, ein sog. "Screen-Editor" (spezieller Texteditor besonders für Script), die höhere Musiksprache "SCRIPT", das eigentliche Echtzeit-Performance-Programm für die Synthesizer, ein Resyntheseprogramm (Analyse von Samples und Generierung von Synthesizer-einstellungen, die dann nacheinander den Klang resynthetisieren). Zu einem späteren Zeitpunkt kam eine "Sample-to-disk"-Hardware hinzu (16-Bit ADC/DAC und die oben genannte Winchesterdisk, alles mono) zusammen mit einer Software namens "Signal-File-Manager", mit der die wichtigsten Audio-Operationen in non-realtime möglich waren: Schnitte und Fades, allgemeine digitale Signalverarbeitungen (inklusive Faltungswerkzeuge, Filter, arithmet. Operationen etc.) und eine Echtzeitsoftware, mit der über den Sequencer auch Audiofiles (mono) abzuspielen waren - ebenfalls gesteuert von der SCRIPT-Sprache.
Zu diesem Zeitpunkt gab es keinerlei digitale Audio- oder Datenschnittstellen (weder für den Synthesizer noch den Sampler) und auch keine Textverarbeitungssoftware, die zu anderen Computern kompatibel war. Die vom Nutzer zugänglichen Interfaces / Anschlüsse waren:
- Terminal VT100 o.ä. ASCII-Terminal, mit der die SCRIPT-Sprache programmiert wurde, editiert mit Hilfe des "Screeneditors"; die Sequenzen wurden dann in das Echtzeitwiedergabesystem kompiliert und damit auf dem Keyboard zugänglich / manipulierbar gemacht. Sequenzen und Generatorsetups (im späteren Sinne also Orchester- und Scorefiles) konnten auf Diskette gespeichert werden.
- Das Keyboard (sehr primitive Tastenmechanik, zunächst ohne Velocity) mit sehr vielen Einstellungen über das "Silver wheel". Das sog. Realtimeperformancesystem besteht aus einer sehr komplexen spektralen Steuerung, einem 16-Spursequencer, 8 Klangbänken zu je 8 Setups. Vielleicht einer der wesentlichsten Möglichkeiten bietet der sog. Reversecompiler, der entweder bereits kompilierte Sequenzen oder auch manuell gespielte Folgen in Textfiles zurückkompilierte (entweder in ein Music-5-orientiertes 1-Zeile-pro-Note-Format oder in das sog. Musikformat, bestehend aus Pitch- und Rhythmuszeilen)
- Synchronisierung zu einr Tonbandmaschine über Trigger- bzw. Rechteckpulse (Sync-Inputs und Syn-Outputs)
- VC-Output zur Steuerung eines analogen Synthesizers (typisch: ein mitlaufendes Tiefpassfilter)
- VC-Input zur Echtzeitsteuerung von definierten Parametern (etwa des Ton-Sustains) in der Sequenz
- ein analoger Input für Samples (16 Bit, Srate zwischen 1 Hz und max. 50 kHz)
- Mono-Output des Samplers
- Mono-Output von den Synthesizerkarten
Quellen für die FM:
Aufgaben:
- Zeigen Sie, inwieweit die Wavetable-Eigenschaften (Rundungsmethode sowie Auflösung in der Zeit und Amplitude) die Qualität der FM beeinflusst. Sie können ein beliebiges Programm zu Hilfe nehmen. Das Beispiel kann auch noch zu einem späteren Zeitpunkt nachgereicht werden.
- Überlegen Sie sich Parametereinstellungen für die FM-Steuerung, die zu harmonischen bzw. nichtharmonischen Klängen führen (dies stellen Sie am Synclavier ein).
Definieren Sie für FM-Ratio-Einstellungen den resultierenden "mathematisch harmonischen" Klang. Für welche FM-Ratio-Werte sind auf jeden Fall nichtharmonische Klänge zu erwarten?
- Stellen Sie fest, ob ein "mathematisch harmonischer" Klang vom Gehör als harmonicher Klang oder als Akkord wahrgenommen wird.
- Erklären Sie den Zusammenhang zwischen dem von Ihnen verstellten Index (mit dem brühmten "silbernen Rad") und dem (durch einen Schmalbandanalysator) angezeigten Spektrum eines FM-Klanges, speziell den Verlauf von J0 über den Index.