Programm EM-hören - 08. 11. 2007

mit Pei-Yu Shi (Bio)

 

 

Außerdem… (2001) - für 8 Lautsprecher, 13’25”

CHI - Ruhende Kraft Bewegung (2001) - für 8 Lautsprecher, 13’05”

Studie (2001) - für Bösendorfer-Computerflügel, 08’11”

Brennende Gedanken (2005) - für 4 Lautsprecher und Video(Nina Vögel), 09’50”

zwei singende Klarinetten (2006) - für Klarinette und Zuspielband, 10’00”

Gedicht vom Wind des Herbstes (2007) - für Saxophon, Klavier, Schlagzeug und 6 Lautsprecher, 10’24”


Außerdem... (2001) - für 8 Lautsprecher, Dauer: 13’ 05”

„Außerdem...“ beruht ausschließlich auf dem Klangmaterial meines Duetts “Besides...” für chinesische Pipa und Klavier. Die Aufnahme wurde vielfältig elektronisch verändert und umgeformt und mit dem umgeformten Klangmaterial das neue Werk geschaffen, das aber ab und zu die Herkunft seines Klangmaterials durchaus hörbar anklingen lässt. Die Inspiration zu diesem Stück erhielt ich von der dichterischen Schönheit und der graphischen Darstellung eines Gedichts von Wang-Wei aus der Tang-Dynastie:

A SONG OF WIE-CH’ENG

Ein Morgen-Regen hat sich herabgesenkt

auf den Nebel in Wei-ch’eng:

Die Weiden grünen wieder im Vorhof der Schenke.

Warte, bis wir noch eine Tasse leeren-

Westlich des Yang-Tores findet niemand einen alten Freund.


CHI – ruhende Kraft, Bewegung (2001) - für 8 Lautsprecher, Dauer: 13’ 05”

 Das Klangmaterial des Stückes stammt aus Aufnahmen von Obertongesängen und der Xiao, einem chinesischen Blassinstrument.
In dem Stück versuche ich, die Kraft/Energie CHI (auch ein Grundprinzip in der Chinesischen Tuschemalerei) in einem langen großen Bogen von Anfang bis zum Ende sich langsam entfalten zu lassen, um eine besondere Art von musikalischer Schönheit und innerer Spannung zu schaffen.


Studien (2001) - für Bösendorfer-Computerflügel, Dauer: 08’ 11”

Das Stück “Studien” habe ich im Jahr 2001 für Boesendorfer Computerflügel geschrieben, es besteht aus vier Sätzen.


Brennende Gedanken (2005) - für Video und 4 Lautsprecher, Dauer: 09’ 50”

Brennende Gedanken praesentiert sich in einer Einheit von Zeit und Ort. Die scheinbar klare Bilderrealität verschiebt sich zunehmend in ein Geflecht subjektiver Beziehungen zur Persone, Ort und Musik, dessen Wahrnehmung staendig neu formuliert wird.

Video: Nina Voegel
Musik: Pei-Yu Shi


Zwei singende Klarinetten (2006) - für Klarinette und Zuspielband;  Dauer: 10’ 00”

Eine Freundin von mir wollte ein Tanzprojekt über Ingeborg Bachmann realisieren und schickte mir von Ihre Gedichte und Texte zur Vertonung. Mein Ziel war, mich in die Innenwelt der Dichterin zu vertiefen. Ich fragte mich nach ihren Stimmungen, als sie die Gedichte geschrieben hatte. Dann begann ich, die Atmosphaere zu komponieren, die ich beim Lesen des Gedichtes Fall ab, Herz empfunden habe.

 

Fall ab, Herz

von
Ingeborg Bachmann

 

Fall ab, Herz vom Baum der Zeit,

fallt, ihr Blätter, aus den erkalteten Ästen,

die einst die Sonne umarmt',

fallt, wie Tränen fallen aus dem geweiteten Aug!

 

Fliegt noch die Locke taglang im Wind

um des Landgotts gebräunte Stirn,

unter dem Hemd preßt die Faust

schon die klaffende Wunde.

 

Drum sei hart, wenn der zarte Rücken der Wolken

sich dir einmal noch beugt,

nimm es für nichts, wenn der Hymettos die Waben

noch einmal dir füllt.

 

Denn wenig gilt dem Landmann ein Halm in der Dürre,

wenig ein Sommer vor unserem großen Geschlecht.

 

Und was bezeugt schon dein Herz?

Zwischen gestern und morgen schwingt es,

lautlos und fremd,

und was es schlägt,

ist schon sein Fall aus der Zeit.


Gedicht vom Wind des Herbstes (2007) - für Saxophon, Klavier, Schlagzeug & 6 Lautsprecher, Dauer: 10’ 24”

Ausgangspunkt meiner Komposition ist ein Gedicht des Kaisers Wu (Hang Wu Di) aus der Hang-Dynastie, das ich in Wort und Sinn verändert und umgeschrieben habe. Das in diesem Gedicht so poetisch formulierte Bild, seine Klanglichkeit und seinen Rhythmus möchte ich in meiner Musik einfangen. Auch das Wesen der Qin Musik, die Zartheit und Subtilität des Klanges der Qin (chinesische Griffbrettzither) und das Besondere des Qin Gesanges fließen in meine Komposition ein.

Gedicht vom Wind des Herbstes (2007)

 

Winde des Herbstes,

Wolken in Weiß,

Fangen an, zu fließen.

 

Gras, Bäume,

Fallen ins Gelb.

In Richtung Süden,

Die Wildgänse kehren zurück

 

Cymbidium goeringii,

Chrysantheme,

Wie schimmernde Berge und klares Wasser,

Nicht zu vergessen.

 

Gebäude des Schiffes, mitten auf dem Wasser.

Wellen, wirbeln.

 

Trommeln, Blasen, Singen dazu auf den Takt des Schlages.

Äußerste Grenze,

Freude mit Trauer.

 

Nicht zu erinnern,

Wie lange diese Schönheit noch hält


Biografie Pei-Yu Shi

Sie wurde in Taipei (Taiwan) geboren. Sie studierte zunächst chinesischen Instrumente (Bachelor degree 1995), dann Komposition (Master degree 1998) in Taipei. Von 1999-2004 setzte sie ihre Studien bei Wolfgang Rihm, Sandeep Bhagwati und Thomas A. Troge in Karlsruhe (Deutschland) fort. Sie komponiert sowohl für westliche auch für chinesische Instrumente,  für instrumentale als auch für technisch geprägte oder produzierte Klänge (vom Computerflügel bis zur Elektroakustischen Musik). In vielen Kompositionen greift sie Anregungen aus chinesischer Poesie und/oder Malerei auf - in einer Musik behutsam sich auf- und abbauender, gleichsam ein- und ausatmender Klangprezesse mit vielfältigen Beschleunigungen und Verlangsamungen, Klangbewegungen und Klangverfärbungen, Verdichtungen und Reduktionen, Spreizungen und Stauchungen im Tonraum, Einbettungen von Klängen in Stille. Ihre Werke wurden auf zahlreichen internationalen Festival aufgefuehrt und gewann mehrere Preise und Stipenidien. Sie war von 2004 bis anfang 2007 als Gastkuenstlerin in ZKM, Karlsruhe gearbeitet. Neulich hat sie den Preis der internationalen Wettbewerbs für  elektroakustische Musik, Música Viva Portugal gewonnen.