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Vorwort zur Geschichte

Das Elektronische Studio der Technischen Universität Berlin feierte im Jahre 2004 sein fünfzigjähriges Bestehen. Die Voraussetzungen für ein Studio für Elektronische Musik begannen sich abzuzeichnen seit dem Amtsantritt von Hans Heinz Stuckenschmidt 1949 als Professor für Musikgeschichte und der Initiative, im Jahr 1952 eine Tonmeisterausbildung in Berlin einzurichten.

Zunächst bestand die Aufgabe, in den Vorlesungen Musik- und Klangbeispiele von Tonbandmaschinen und Schallplattenspielern in den eigens dafür präparierten „Studiohörsaal“ einzuspielen. Fritz Winckel, seit 1952 Privatdozent in der Musikgeschichte, hatte aber mehr vor: 1954 organisierte er eine Vortragsreihe zum Thema „Musik und Technik“, in der auch das wahrscheinlich erste elektronische Konzert in Berlin stattfand; ab dem Wintersemester 1954/55 bot er die Vorlesung „Studiotechnik“ an und ermöglichte die erste Studioproduktion, nämlich für das „Mechanische Theater“, ein Puppenspiel von Harry Kramer in der Galerie Springer am Kurfürstendamm, mit einer Tonbandmusik im Stile der Musique concrète, komponiert von Wilfried Schröpfer.

Die nächsten Jahre waren gekennzeichnet durch Organisationsarbeiten und Geldbeschaffungen für die Einrichtung eines Forschungs- und Produktionsstudios. In einem vorbildlichen Akt von Eigeninitiative gelang der Selbstbau eines „Universalmischpultes“ und die Beschaffung erster Studiogeräte (Labor- und Messgeräte, Magnetophone, diverse Filter etc.). 1957 wurde Winckel zum Professor ernannt (Vorlesung „Wissenschaftliche Grundlagen von Sprache und Musik"), 1958 begann Boris Blacher mit den Möglichkeiten des Studios zu experimentieren. Etwa 1961 konsolidierte sich die räumliche, personelle und gerätetechnische Situation des Studios, man begann ein Archiv für „experimentelle“ Musik aufzubauen, organisierte regelmäßig Industrieausstellungen zur Studiotechnik, Stuckenschmidt begann mit dem ersten Gast Blacher seine legendäre Veranstaltungsreihe „Musik im technischen Zeitalter“, die vom SFB-Fernsehen aufgezeichnet und gesendet wurde.

Die Zeit 1964 bis 1970 war geprägt durch den „Arbeitskreis für elektronische Musik“ (AfEM: Blacher, Krause, Rüfer, Winckel) und den „Hauskomponisten“ Boris Blacher. Das Studio erlebte zwei Umzüge und damit verbundene Veränderungen; Winckel blieb weiterhin umtriebig in Sachen Elektroakustische Musik, veranstaltete Konzerte und vielbeachtete internationale Kongresse. Nach dem ersten autarken quadrofonen Tonbandwerk „Skalen 2:3:4“ von Boris Blacher (1964) realisierte das Studio, geführt durch den Tonmeister Rüdiger Rüfer, 1966 Blachers „Zwischenfälle bei einer Notlandung“ für die Hamburgische Staatsoper, wo erstmalig ganze Szenen allein mit Lautsprechermusik gestaltet waren, und 1970 die „Musik für Osaka“, ein ursprünglich siebenkanaliges Raummusikwerk von Blacher für den deutschen Kugelpavillon auf der Weltausstellung in Osaka.

Nach 1970 entstand eine Zäsur, die übrigens in ganz Deutschland Parallelen hatte: Das Siemens-Studio München etwa wurde geschlossen, das allgemeine Interesse für Elektroakustische Musik ließ unter dem Eindruck von Osaka vor allem bei den Musikwissenschaftlern nach, neue Studios wurden gegründet (Strobelstiftung Freiburg, Folkwangschule Essen). Das TU-Studio war ernsthaft gefährdet, als 1975 Blacher starb, Winckel pensioniert wurde und Rüfer Berlin bereits verlassen hatte. Allein Manfred Krause blieb als Dozent und Bewahrer des Fachgebietes, unterstützt durch den neuen Studioleiter Folkmar Hein und Ingrid Bihler als wissenschaftliche Mitarbeiterin in Forschung und Lehre.

1975 gründeten Frank Michael Beyer, Kompositionsprofessor an der Hochschule der Künste, und Folkmar Hein die Gruppe „Klangwerkstatt“. Der nachhaltige Erfolg dieser Phase kann in der Fortsetzung des Studienganges gesehen werden, der nun in einer gemeinsamen Konstruktion von TU und HdK vertraglich abgesichert wurde und 1979 zur Berufung von Manfred Krause als Professor im Fachgebiet Kommunikationswissenschaft führte.

Eine Öffnung des Elektronischen Studios erfolgte erst mit den Kontakten zur internationalen Welt der Elektroakustischen Musik, die vor allem durch Herbert Brün und Jozef Patkowski geknüpft wurden, beide als Gastprofessoren der HdK im TU-Studio lehrend. Zeitgleich entwickelten sich Kooperationen mit dem Berliner Künstlerprogramm des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). Die daraus sich ergebenden Konzertaktivitäten und Studioproduktionen um 1980 können als eigentlicher Durchbruch des TU-Studios mit weitreichenden Folgen bezeichnet werden: