Vorüberlegungen:

Umstände, Notwendigkeiten, Kompromisse...

Allgemeines:

Die Aufführung war ein Konzert der inventionen 2000. Die Kommunikationswissenschaftler der TU machten den Mitschnitt im Rahmen des Seminars "Mehrkanaltonübertragungsverfahren in Theorie und Praxis" (C. Bradter) zu experimentellen Zwecken. Deshalb lag das Interesse weniger darin, schnell irgendwie eine einigermaßen überzeugende Aufnahme des Stücks zu erhalten, sondern vor allem darin, Möglichkeiten und Techniken auszuloten, wie weit man aktuelle Mehrkanalübertragungsverfahren nutzen konnte, ein solches räumlich komplexes Stück zu übertragen.

Es wurden keinerlei Versuche gemacht, in der Philharmonie in irgend einer Form eine Mischung herzustellen. Vielmehr sollten eine Vielzahl hoffentlich nützlicher Signale aufgezeichnet werden, die erst später in elektronischen Studio der TU zusammengemischt und in ein, oder mehrere alternative, Endprodukte verwandelt werden.

Diese vollständige Trennung von Aufnahme und Mischung beinhaltet natürlich das Risiko, daß etwas bei der Mischung fehlt oder daß man sich andere Signale wünscht. Stellte man bei der Mischung fest, daß substantielle Änderungen bei der Aufnahme notwenig sind, gibt es keine Möglichkeit mehr, irgendetwas aus dem frühen Teil des Aufnahmekonzepts zu ändern. Auf der anderen Seite ist es häufig leichter. Aufnahme und Mischung getrennt vorzunehmen, um sich jedem Teil uneingeschränkt widmen zu können. Aus Praktikabilitätsgründen ist es ohnehin üblich, auf diese Weise vorzugehen.

Abhörmöglichkeiten vor Ort:

Die Technik der Philharmonie, die freundlicherweise der TU zur Verfügung stand, bot keinerlei Möglichkeiten, mehrkanalig zu mischen oder mehrkanalig abzuhören. Eine Mehrkanalmischung vor Ort hätte somit den technischen Aufwand vervielfacht. Es wurde kein Versuch unternommen, eine Mehrkanalabhörmöglichkeit zu installieren. Die Überprüfung der Mikrophonsignale geschah über die Zweikanalabhöranlage der Philharmonie. Natürlich stellte das eine bedeutende Einschränkung bei der Beurteilung der Mikrophonpositionierung dar, mit der man allerdings leben mußte. Dieses Problem wurde allerdings relativert, da insbesondere bei der Positionierung der Hauptmikrophone auf die Erfahrung der Tonmeister der Philharmonie, Herrn Groß und Herrn Mielisch, zurückgegriffen werden konnte. Sie übernahmen die Aufstellung von 8 Hauptmikrophonen.

Probensituation:

Für alle Beteiligten stand die Aufführung von Nonos Werk im Vordergrund. Das bedeutete, daß die Aufbauten für den Mitschnitt nicht stören durften. Glücklicherweise waren in der Philharmonie umfangreiche Anlagen installiert, Mikrophone zu hängen. Auf Mikrophonstative konnte daher weitgehend verzichtet werden. Nur an Orten, an denen Stative toleriert werden konnten, mußten sie eingesetzt werden.

Auch die Proben für das Konzert durften nicht durch Mikrophonstellproben o.a. gestört werden. Daher war die Aufbauzeit auf wenige probenfreie Stunden beschränkt. Ein Überprüfung der Mikrophonaufstellungen war selten möglich, weil immer ein anderer Teil der verschiedenen Musikergruppen probte. Zudem wurden immer nur Ausschnitte aus dem 2.5 Stunden Stück angespielt. So mußte vieles weitgehend nach theoretischen Erwägungen aufgebaut werden.

Pegelproben:

Die schlechte Probensituation für die Aufnahme erschwerte die Austeuerung der Aufnahmegeräte. Das Einpegeln vieler Stützmikrophone mußten weitgehend geschätzt werden. Allgemein mußte die Aussteuerung sehr zurückhaltend vorgenommen werden, eine Vorgehensweise, die bei diesem Stück, das sich über weite Strecken im Pianissimo abspielt, sicherlich nicht optimal ist.

Liveelektronik:

Die Liveelektronik spielte über 12 in der ganzen Philharmonie verteilten Lautsprecher verfremdete Klänge ein. Die Elektronik war integraler Bestandteil des Konzerts und entsprechend für die Beschallung des Saals ausgerichtet und eingestellt. Für die Aufnahme reichte es nicht aus, ihr Signal für die Hauptmikrophone mit aufzunehmen. Deshalb stand zu Diskussion, auch für die Lautsprecher Stützmikrophone vorzusehen. Davon wurde jedoch Abstand genommen. Eine qualitiv brauchbare Aufnahme von Lautsprechern über Mikrophone zu bekommen, ist häufig ein Glücksspiel. Es hätte wahrscheinlich einen erheblichen Aufwand erfordert, jeden der Lautsprecher einigermaßen ansprechend abzunehmen. Gerade die z.T. sehr leisen Lautsprechersignale hätten Schwierigkeiten geradezu provoziert. Bei der angespannten Mikrophonprobenzeit wäre das zu einem schwer kalkulierbaren Risiko geworden.

Um dennoch Signale der Liveelektronik zur Verfügung zu haben, wurde notgedrungen auf die Direktsignale zurückgegriffen. Jeder Weg zu den 12 (Aktiv-)Lausprechern wurde über eine Splitbox aufgetrennt und direkt auf einen Kanal der Mehrspuraufnahmegeräte gelegt. Damit standen zwar lediglich die trockenen Direktsignale ohne jeglichen Raumanteil zur Verfügung. Da jedoch diese Signale als Ergänzung für die Hauptmikrophone vorgesehen sind, wurde dieser Nachteil als hinnehmbar eingestuft. Es wird sich bei der Mischung zeigen, wie weit sich diese Signale in das Gesamtbild einpassen lassen.



Konzept

Text und Layout: Cornelius Bradter

Einführung
Ausführende
Aufführung
Vorüberlegungen
Konzept
Spurenplan
Technik
Impressionen
Ergebisse